Schwarz oder Weiß?
von Beate Hadlich, 03.03.2022
Das ist die Frage, die sich stellt, ehe ein Schachspiel beginnt. Und der Spieler, dem im Los die weiße Spielfigur zufällt, setzt den ersten Zug, er darf das Spiel eröffnen. Nun will ich hier nicht über Schach schreiben, doch vielleicht stellen Sie, liebe Gemeindeglieder, sich manchmal diese Frage, wenn Sie zum Gottesdienst kommen.
Über lange Zeit vertraut ist uns der Pfarrer im schwarzen Talar. Dann feierte Pfarrer Seltmann den Gottesdienst zu bestimmten Zeiten in einer weißen Albe, nun komme auch ich in diesem weißen Gewand. In der Reihe über den Gottesdienst möchte ich Sie mitnehmen auf einen Gang durch die Traditionen der verschiedenen Gewänder und von unseren aktuellen Entscheidungen berichten.
Wer schon einmal einen katholischen Gottesdienst besucht oder angeschaut hat, der weiß um die Farbigkeit und Pracht der Gewänder. Angelehnt an alttestamentliche Überlieferungen zur Kleidung der Priester im Tempeldienst und später auch römische Kleidungstraditionen hat sich das Messgewand entwickelt. Luther hat diese Kleidung nicht abgeschafft, er trug manchmal sogar nacheinander beide Kleidungstücke in einem Gottesdienst: Den schwarzen Professorenrock hatte er beim Predigen an, sozusagen als Lehrer. Das Messgewand zog er an, wenn er als Liturg das Abendmahl mit der Gemeinde feierte. Für ihn zählte die liturgische Kleidung nicht zu den Dingen, die neu bewertet und geordnet werden müssten. So ist auch in unserer lutherischen Tradition, sogar hier im Vogtland, die Nutzung der alten „katholischen“ liturgischen Kleidung lange nachweisbar.
In Deutschland hat sich der schwarze Talar mit Beffchen, dem Bartschutz durchgesetzt, seit er durch eine staatliche Kabinettsorder vom 20. März 1811 und damit auf Anordnung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. als gottesdienstliche Amts- und Dienstkleidung der Pfarrer eingeführt wurde. In den skandinavischen Kirchen gab es diesen Bruch nicht, sodass dort bis heute die Alba und weitere Gewänder in den entsprechenden Kirchenjahresfarben getragen werden. Nun kam es – auch durch die liturgische Bewegung – in unserer Pfarrerschaft zu einem Nachdenken. In den 1980er Jahren wurde die Alba mit entsprechenden Stolen wieder möglich und wird seitdem auch in einigen Kirchgemeinden bei uns im Vogtland wieder getragen.
Durch die persönliche Verbindung zur Christusbruderschaft in Selbitz, die Teilnahme und Mitarbeit an der Gregorianischen Arbeitswoche und die Zeit, die ich als Pfarrerin in Bad Elster gearbeitet habe, bin auch ich über dieses Thema ins Nachdenken gekommen. Seitdem trage ich fast durchgängig das weiße Gewand mit den entsprechenden Stolen in den Farben der Kirchenjahreszeit. Weiß, das ist die Farbe des Taufgewandes, der neuen Geburt, des neuen Lebens. Weiß, das ist die Farbe der Auferstehung. Jeder Sonntag ist ein kleines Osterfest: Es ist der erste Tag der neuen Woche, an dem die Frauen zum Grab gingen und der Engel ihnen sagte: Ich weiß, ihr sucht Jesus, er ist nicht hier, er ist auferstanden. So ist für mich persönlich weiß die Farbe, die zur Botschaft des Evangeliums gehört, zur Botschaft der Auferstehung. Und einmal wurde ich sogar schon darum gebeten, auch eine Trauerfeier im weißen Gewand zu halten – als Zeugnis des Auferstehungsglaubens der verstorbenen Person und ihrer Angehörigen.
In den Gemeindeteilen unserer St.-Jakobus- Kirchgemeinde lagen bisher in Oelsnitz und Kürbitz Beschlüsse vor, dass die Alba als liturgisches Gewand getragen werden darf. In seiner Sitzung am 3. Februar 2022 hat der Kirchenvorstand einstimmig beschlossen, dass es Pfarrern, die in unserer Kirchgemeinde liturgische Dienste übernehmen, gestattet ist, dabei einen weißen Talar bzw. eine Alba mit entsprechenden Stolen zu tragen. Schwarz oder weiß – das ist hier nicht die Frage über Sein oder Nichtsein. Doch wie der Schachspieler, der im Los die weiße Spielfigur zieht, das Spiel eröffnen darf, so soll das weiße liturgische Gewand die Möglichkeit eröffnen, das Evangelium sogar mit den Augen wahrzunehmen. Dafür muss es allerdings in Wort und Sakrament auch verkündigt werden. Darum beten Sie gerne für alle Pfarrerinnen und Pfarrer, die in unserer St.-Jakobuskirchgemeinde Dienst tun