Wasser des Lebens
von Beate Hadlich, 24.06.2023
Als es in den heißen Juliwochen nicht regnete, haben wir abends Gießkannen durch den Garten getragen, um den Pflanzen wenigstens das überlebensnotwenigste an Wasser zu geben. Andere haben in der Hitze die erfrischende und belebende Wirkung des Wassers gespürt, wenn sie am Abend – vielleicht sogar öfter – unter die Dusche oder oder anderswo ins kühle Nass gesprungen sind.
Als wir vor einigen Jahren eine Reise nach Israel und Palästina machten, erlebten wir noch ganz andere Dimensionen des Angewiesenseins auf Wasser, als in unseren Breiten. Da wurde uns deutlich, warum Wasser in der biblischen Überlieferung so eine große Rolle spielt. Es erschloss sich uns leibhaftig, warum in der Bibel an vielen verschiedenen Stellen vom lebendigen Wasser, von sprudelnden Quellen, übefließendem Wasser oder vom Strom des Lebens die Rede ist. Frisches Wasser zu haben, nicht nur gesammeltes in Zisternen, abgestanden und vielleicht sogar rationiert, ist ein Geschenk. Wenn es regnet, kommt sogar die Wüste zum Blühen.
Auch im übertragenen Sinn wird das Bild des Wassers benutzt: „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir“ heißt es in Psalm 42. Und in Psalm 23 ist Gott der, der zum frischen Wasser führt, der die Seele erquickt, der den Becher überfließend füllt – Gott als Quelle erfüllten Lebens. Auch von der reinigenden Wirkung des Wassers ist die Rede – Gott lässt durch den Propheten ansagen (Hesekiel 26): „Ich will reines Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet.“ Ähnlich redet Jahrhunderte danach Johannes der Täufer. Er lädt die Menschen ein, zu Gott umzukehren, sozusagen aus einem abgestandenen, rationierten Leben in die Fülle der Liebe Gottes. Sich von Johannes taufen zu lassen haben die Menschen als Reinigung vom Staub und Schmutz ihres bisherigen Lebens verstanden, als Neuanfang. Noch heute wird manchmal nach einem Bad gesagt: Ich fühle mich wie neu geboren.
Später hat Jesus seine Jünger beauftragt, die Botschaft von der Fülle der Liebe Gottes nicht für sich zu behalten, sondern weiterzugeben, weil sie allen Menschen gilt. So heißt es am Ende des Matthäusevangeliums, Kapitel 28, 18–20: „Gehet hin in alle Welt und machet zu Jüngern alle Völker.“ Und wie sollen sie es machen? Dort steht: „Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Das bedeutet: Nehmt sie mit hinein, die kleinen wie die großen Menschen, in die Gemeinschaft Gottes, in die überfließende Fülle der Liebe Gottes.
Es ist ein Geheimnis, dass in der Taufe an jedem geschieht. Aller Staub oder Schmutz von Prägungen, Angewohnheiten und Charaktereigenschaften, Herkunft und Milieu wird in diesem Sakrament abgewaschen. Manche Täuflinge werden auch ganz untergetaucht, das Symbol des Sterbens wird hier betont. Es ist eben eine Neugeburt, hinein in die Wirklichkeit Gottes. Gottes Kind werden, zu seiner Familie gehören, in die Gemeinschaft der Glaubenden aller Zeiten und weltweit – so groß ist die Bedeutung der Taufe. Dieses Geheimnis kann sich erst nach und nach im Leben erschließen. Deshalb geht der Auftrag Jesu an seine Jünger auch noch weiter: „...und lehret sie halten alles, was ich euch geboten habe.“ Stück für Stück sollen die Getauften hineinwachsen in dieses Geschenk des Neuanfangs mit Gott.
Und ganz am Ende steht noch die wunderbare Zusage Jesu: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Weltzeit!“ So gibt es für die Getauften, die großen wie die kleinen, keinen Ort, keine Situation, in der sie mutterseelenallein oder gottverlassen sind.
Es gibt auch keinen zu späten Zeitpunkt, sich taufen zu lassen. Ob Eltern und Paten ein Kind zur Taufe bringen oder ein erwachsener Mensch selber sagt, dass er getauft werden möchte – jeder Mensch ist bei Gott willkommen!
Wenn wir uns in dieser und in den nächsten Ausgaben der Kirchlichen Nachrichten dem Thema Taufe zuwenden, so sind auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, eingeladen, sich auf Ihre Taufe zu besinnen. Wissen Sie Ihren Tauftag und Ihren Taufspruch? Hat er Sie durchs Leben begleitet oder lesen Sie ihn jetzt zum ersten Mal, wenn Sie nun Ihre Taufurkunde gefunden haben? In welcher Kirche steht Ihr Taufstein? Können Sie sich an Ihre Paten erinnern? Oder haben Sie sich erst als erwachsener Mensch taufen lassen? Wann haben Sie zuletzt eine Taufe erlebt? Wurden Sie auch einmal gebeten, das Patenamt zu übernehmen? Oder sind Sie nicht getauft, aber nun neugierig geworden?
Vielleicht kommen wir in den nächsten Wochen über die Taufe ins Gespräch. Wert ist es allemal, sich dieses Schatzes zu vergewissern!